((Updates am Ende des Blogbeitrags.))
Meine Familie und ich sind seit dem 9. März 2020 in Lima in Peru. Anlass unserer Reise ist natürlich der Besuch der Familie meines Mannes. Als wir letzten Montag reisten, fühlten wir uns glücklich, weil wir dachten, wir hätten dem Corona-Virus ein „Schnippchen geschlagen“.
Wir verbrachten zwei herrliche Tage am Strand, es fühlte sich wie Sommer an. Die Sonne schien, das Wasser war klar und erfrischend, eine leichte Prise sorgte für Abkühlung. Dann litt unsere Tochter unter „Moctezumas Rache“.
Estado de Emergencia in Peru seit dem 16.3.2020
Und als es ihr wieder besser ging, verkündete (vorgestern) der peruanische Präsident, dass Peru sich für 15 Tage im „estado de emergencia“ (Ausnahmezustand) befinden wird. Die Bürger müssen zu Hause bleiben, außer sie arbeiten in einem lebenswichtigen Bereich. Lebensmittel und Medizin einkaufen darf man natürlich, aber sonst gilt „obligatorische soziale Isolierung/Quarantäne“. Peru hat zwar noch nicht sehr viele Coronavirus-Fälle, aber hier hat man große Angst, dass sich die Zustände schnell denen in Norditalien angleichen könnten.
Für uns Touristen, die wir einen Transit in Madrid/Spanien hatten, wurde rückwirkend 14 Tage häusliche Quarantäne ab Einreisetag angeordnet. Etwas mehr als eine Woche haben wir schon hinter uns.
Der Flughafen Jorge Chavez in Lima wurde gestern im Rahmen der Grenzschließung des gesamten Landes geschlossen. Flüge nach und aus Europa wurden erst einmal für 30 Tage ausgesetzt. Wir wollten eigentlich am 7. April 2020 nach Deutschland zurückkehren. Gerade müssen wir abwarten, wie es sich entwickelt. Ob eventuell bald wieder Flüge zugelassen werden oder ob es eventuell Rückholflüge nach Deutschland geben wird. Auf der Seite der Deutschen Botschaft in Peru steht, dass ca. 3000 Deutsche von der Grenzschließung betroffen sind.
Mir ist klar, dass wir „Glück im Unglück“ haben. Wir verbringen viel Zeit mit Gregorys Familie und holen die letzten 7 Jahre, die wir nicht hier waren, nach. Unsere Kinder lernen spielerisch mit ihren Cousins und Cousinen Spanisch. Sie können überall glücklich spielen und sich verstehen.
Andere Touristen haben natürlich einen schrecklichen „Urlaub“, da sie ihr Hotel nicht verlassen dürfen. Was macht man dann?
Und was machen wir in der häuslichen Quarantäne?
Hier ticken die Uhren sowieso langsamer. Obwohl wir früh aufstehen, vergeht der Vormittag mit Frühstück essen, Wäsche waschen, Haus putzen und Haus entrümpeln. Für die Kinder haben wir alte Spielsachen von ihren Cousinen gefunden und gewaschen. Zwischendurch quatschen wir mit den Nachbarn. Wer auf dem Markt war, berichtet was alles geschlossen ist, wie die Menschen drängeln, wie viel das Kilogramm Hühnerfleisch heute kostet. Mein Schwager, der Taxifahrer ist, berichtet, dass die Hauptverkehrsadern geschlossen sind und das fleißig von Polizei und Militär kontrolliert wird, warum man unterwegs ist.
Nachmittags spielen die Kinder Fußball auf der Straße und wir versuchen Neuigkeiten aus Deutschland zu hören bzw. unsere Familien und Freunde zu beruhigen.
Unseren Urlaub in Peru haben wir uns natürlich anders vorgestellt. Wir wohnen hier in Chorillos und sehen die Stadtteile Miraflores und das historische Zentrum in der Ferne unterm Dunstschleier liegen. Besichtigt haben wir leider noch nichts. Wenn unsere häusliche Quarantäne vorbei ist, haben wir noch ca. 2 Wochen, um auch noch ein bisschen das schöne Peru zu erkunden … falls wir uns wieder frei bewegen dürfen…
Ich habe einen neuen Blogbeitrag zu meinen Beschäftigungen in der Quarantäne geschrieben.
Update 18. März 2020: Die Deutsche Botschaft in Lima hat alle Deutschen in Peru aufgefordert, sich in der Krisenvorsorgeliste einzutragen: https://elefand.diplo.de Gerade heute haben wir eine Informationsemail von der Botschaft bekommen. Allerdings heißt es dort u.a. nur, dass es noch keine Rückholflüge nach Deutschland gibt.
Gerade hat der peruanische Präsident abermals gesprochen. Es gilt nun ab 20:00 Uhr bis 5:00 Uhr Ausgangssperre.
Update 19. März 2020: Die Krisenvorsorgeliste Elefand des AA ist wohl überlastet und es wurde eine neue Seite http://www.rueckholprogramm.de ins Leben gerufen. Hier können sich alle Deutsche, die am Rückholprogramm der Bundesregierung teilnehmen möchten, registrieren. Entsprechend werden wohl nach und nach Rückholflüge organisiert.
In Peru gilt seit heute ein Verbot mit privaten Fahrzeugen zu fahren. Es dürfen nur noch Öffentliche Verkehrsmittel und Taxis für Einkäufe etc. benutzt werden. Die Ausgangssperre ab 20 Uhr gilt weiterhin und wird kontrolliert. Es kreisen Hubschrauber, die ein Verstoß gegen die Sperre an die Polizei- und Militäreinheiten am Boden melden.
Update 24. März 2020: Die letzten Tage hieß es abwarten und Ruhe bewahren. Der für Montag (23.3.) angekündigte erste Rückholflug der BRD konnte nicht durchgeführt werden, da der zivile Teil des Flughafens in Lima nun komplett geschlossen ist. Das heißt, alle Rückholflüge müssen über den Militärteil des Flughafens abgewickelt werden. Dafür fehlte die Landeerlaubnis. Erst nachdem in höchster Ebene konferiert wurde, kommt nun wieder etwas Schwung in die Rückholaktion. Die kommenden Tage wird es schon erste Rückholflüge von der Schweiz, Großbritanien und Spanien geben, auf denen auch Deutsche mitgenommen werden. Auch Deutschland und die Lufthansa werden nun sicher bald kommen. Wir sind noch nicht wegen möglichen Plätzen angesprochen worden.
Ein Problem sind wohl viele deutsche Urlauber, die außerhalb Limas von dem Ausnahmezustand in Peru überrascht wurden. Da auch zwischen den Provinzen weder Flug- noch Busverkehr möglich ist, haben die Reisenden derzeit noch keine Möglichkeit nach Lima zu kommen. Aber auch hier wird zu Rückholmöglichkeiten verhandelt. Ärgerlich ist es schon, dass hier Politiker erst verhandeln müssen und nicht sofort Hilfe möglich ist.
Update 27. März 2020: Heute wird der zweite Rückholflug der Lufthansa von Lima in Richtung Frankfurt starten. Wir sind wie so viele andere Deutsche nicht dabei. Das nächste Flugzeug wurde für den 3.4. angekündigt. Das liegt dann auch ungefähr bei unserem ursprünglichen Rückflugdatum und ich hoffe, dass wir dafür angerufen werden. Gestern sprach der peruanische Präsident und verlängerte den Ausnahmezustand um 13 Tage bis zum 12. April. Es wird noch mehr Polizei- und Militärpräsenz auf den Straßen geben. Es ist nicht erwünscht, dass mehrere Personen gemeinsam z.B. zum Einkaufen gehen. Die Stadtteile sind voneinander abgeriegelt, ein Transit ist nicht so einfach möglich.
Update 2. April 2020: Wir sind immernoch in Peru. Morgen wird es wieder einen Rückholflug nach Deutschland geben, aber dafür wurden wir leider nicht kontaktiert. Am Montag, dem 6.4., wird es ebenfalls einen geben. Mal sehen, ob wir da noch angerufen werden.
Von einem Bekannten haben wir gehört, dass pro Tag nur 4 Flüge im militärischen Teil des Flughafens abgefertigt werden können. Es sollen wohl ca. 100 Flüge von verschiedenen Staaten in der „Warteschlange“ sein. Die Rückholaktionen aus Peru können sich also noch hinziehen.
Derweil hat die peruanische Regierung weitere Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus in die Wege geleitet: Die Ausgangssperre wurde bereits auf 18 Uhr vorgezogen. Ab morgen, Freitag, gilt zudem Folgendes: Montags, mittwochs und freitags dürfen Männer einkaufen, dienstags, donnerstags und samstags dann die Frauen. Sonntags ist allgemeine Ausgangssperre. Ich finde diese Maßnahmen persönlich ganz schön krass, gerade die Unterteilung nach Geschlechtern. Warum darf eine Familie, die sowieso gemeinsam lebt, nicht gemeinsam raus? Für mich bedeutet es eigentlich, dass ich nun wieder die ganze Zeit zu Hause bleiben muss. Allein raus soll ich nicht, da es zu gefährlich in diesem Stadtteil ist. Meine Schwiegermutter ist über 60 und meine Nichten sind unter 18 Jahre alt, dürfen also jeweils sowieso nicht raus. Mit den Männern der Familie darf ich ja nun auch nicht mehr auf die Straße. Es zehrt ganz schön an den Nerven, vor allem da kein Ende in Sicht ist…
Meine Eltern machten mich auf einen Journalisten aufmerksam, der mit einer Reisegruppe in Cusco gestrandet ist und über seine Situation in der Witschaftswoche berichtet. Ich bin froh, dass wir bei der Familie meines Mannes sind, eine Küche zum Kochen und ausreichend Bäder haben und natürlich kein Hotelzimmer zahlen müssen. Inzwischen funktioniert auch der Abwasserabfluss und das Wasser wurde die letzten Tage bereits kurz nach 18 Uhr wieder angestellt…
Update 3. April 2020: Die Polizei hat heute tatsächlich mit großer Vehemenz durchgesetzt, dass nur Männer auf die Straße und einkaufen gehen können. Meine Schwägerin, die einen „Passierschein“ hat, da sie im sozialen Bereich arbeitet, durfte trotzdem nicht in einer Markthalle einkaufen. Ihr wurde gesagt, dass der Passierschein nur für die Fortbewegung, aber nicht zum Einkaufen ist. Hier in unserem Viertel patroulliert die Polizei jeden Tag am Markt und schickte heute jede Frau, die sich näherte sofort nach Hause. Zudem ist es nun wohl verpflichtend, mit Mundschutz und Gummihandschuhen rauszugehen. Ein Polizist kam direkt an unsere Haustür und drohte meinem Mann, ihn festzunehmen, wenn er nochmal ohne Mundschutz auf die Straße trete. Ich war wie versteinert, denn dieser Polizist nutzte seine Macht aus und drohte mit Gewalt, obwohl mein Mann nur kurz vor die Tür getreten war (noch nicht mal zum Einkaufen). Es ist wirklich unglaublich und auch angsteinflößend, wie dieser Ausnahmezustand von Polizisten und Militär „missbraucht“ wird. Er hätte auch freundlich sagen können, dass nun absolute Mundschutzpflicht ist. Das wirft kein gutes Licht auf dieses Land, das ich doch eigentlich so gern habe….
Update 8. April 2020: Mit einem großen Organisationsaufwand hat die Deutsche Botschaft inzwischen ca. 3000 Deutsche aus Peru nach Deutschland ausgeflogen. Wir waren leider noch nicht dabei. Derzeit gibt es noch kein neues Datum für einen weiteren Rückholflug und manchmal fühle ich mich fast ein bisschen hoffnungslos. Wer noch in Peru ist, aber nach Deutschland ausreisen möchte, sollte sich natürlich längst bei Rueckholprogramm.de registriert haben. Zudem bittet die Botschaft nun darum, noch einmal eine Liste mit den Daten aller Ausreisewilligen an die Email-Adresse konsulat@lima.diplo.de zu senden.
Derweil sind in Peru wieder neue Einschränkungen des öffentlichen Lebens beschlossen worden. Und zwar darf die Bevölkerung weder am morgigen Gründonnerstag noch am Karfreitag auf die Straße. „Toque de queda“, also das strenge Ausgehverbot, gilt für beide Tage. Am Ostersonntag ist dann abermals ganztägig „toque de queda“. Ich habe ja schon geschildert, dass hier Geschäfte und Märkte eigentlich täglich geöffnet sind. Die Leute sind nicht gewöhnt, für mehrere Tage einzukaufen. Durch die strengeren Regeln wegen des Covid 19 gab es heute und gestern riesige Schlangen an Supermärkten und Markthallen. Gestern standen die Frauen für Lebensmittel an, heute müssen die Männer die Einkäufe erledigen. Was für ein Osterfest!
Update 14. April 2020: Die Deutsche Botschaft hat informiert, dass die peruanische Regierung die Europäer aufgefordert hat, die Rückholflüge bis 22.4. abzuschließen. Es wird wohl nur noch einen Rückholflug der Lufthansa nach Frankfurt geben, vermutlich am 17.4.
Morgen, am 15.4., werden die Emails für den Rückholflug verschickt. Wir hoffen sehr, dass wir dabei sein werden. Es ist wirklich ein Nervenkrieg und wir versuchen, so optimistisch wie möglich zu sein. Falls es ab dem 22.4. gar keine Flüge mehr gibt, wie sollten wir dann nach Hause kommen?
Ansonsten wurde die Aufteilung der Wochentage nach Geschlecht wieder aufgehoben, am Sonntag bleibt das Ausgehverbot aber ganztägig bestehen. Die Zahl der Coronainfizierten hier in Peru stieg zuletzt nochmal stark an. Daher verwundert es mich, dass der Präsident die Regeln gelockert hat.
In Ecuador (Region Guayas / Guayaquil) war die Situation ja zwischendurch fatal. So verhängte der ecuadorianische Präsident ein Ausgehverbot für 6 Tage der Woche. An einem Tag in der Woche durften die Ecuadorianer einkaufen. Dort sind die Infektionszahlen zuletzt stark gesunken.
Update 25. April 2020: Ich bin seit Montag zurück in Deutschland. Wir hatten zum Glück Plätze auf dem letzten Rückholflug der BRD aus Peru bekommen. Nun sind wir als Rückkehrer aus dem Ausland abermals 14 Tage in Quarantäne. In Peru wurde der Ausnahmezustand um 14 Tage bis zum 10.5. verlängert. Dort dürfen die Menschen also weiterhin nur zum Einkaufen einzeln auf die Straße. Ich werde nun in diesem Blogbeitrag keine Updates mehr posten.
2 Comments
[…] 9. März mit ihrer Familie nach Peru aufgebrochen und berichtete schon an anderer Stelle über ihre häusliche Quarantäne im Andenstaat. Die peruanische Botschaft hat ein Rückholprogramm gestartet, welches aufgrund der Beschränkungen […]
[…] Auslandsreisen möglich sind. Abgesehen vom Infektionsrisiko sind sowieso viele Länder wie z.B. Peru komplett für den Tourismus […]