Lateinamerika Reiseberichte

Corona-Quarantäne in Peru – und was machst du so?

Über eine Woche habe ich das Haus meiner Schwiegereltern in Chorillos/Lima nicht verlassen. Das ist mir echt schwer gefallen, da ich sonst jeden Tag Fahrrad fahre und laufe und überhaupt gern an die frische Luft gehe. Aber die Zeit, auch für unsere beiden Kinder, ist trotzdem vergangen. Ich erzähle hier ein bisschen von unseren Beschäftigungen. Nicht um dir Ideen für deine Zeit zu Hause zu geben, sondern damit du einen Einblick in das peruanische Leben bekommst. Natürlich herrscht gerade ein Ausnahmezustand, trotzdem gehen die Peruaner anders als ich es tun würde mit der „obligatorischen sozialen Isolation“ um.

Putzen: Gefühlt sind wir viele Stunden mit Fegen der Wohnung, Wischen der Wohnung, Staubwischen und Straßefegen beschäftigt. Hier in Vista Alegre, einem Teil von Chorillos, gibt es noch viele unbefestigte Straßen. Überall fliegt Staub rum und ständig fühlt sich der Boden sandig an. Hier werden die Straßenschuhe auch nicht ausgezogen, wenn man von draußen in das Haus kommt. Draußen wiederum kommt spätestens nachmittags ein Wind auf, der den Sand und Staub aufwirbelt. Die Straßenhunde tun ihr übriges, damit auch die Straße täglich geputzt wird. Wenn ich frühs um 6:30 Uhr aus dem Fenster schaue, ist die Nachbarin gegenüber schon mit dem ersten Fegen der Treppe beschäftigt. Es ist also nicht nur in meiner Familie so.

Quatschen: Wir sitzen oft lang nach den Mahlzeiten zusammen (wobei ich das auch von meiner Familie in Deutschland kenne) und dann wird über die Nachbarn und die Familie gesprochen. „Erinnerst du dich noch an Quispe? Na den in Comité 2, mit dessen Schwester du zur Schule gegangen bist. Na der, dessen Vater bei der Polizei arbeitet, aber einen Unfall hatte.“ Dann wird ausgewertet, wie es der Person und ihrer Familie jetzt geht. Oder es werden Erinnerungen ausgetauscht. Das ist der Teil, der unseren Aufenthalt hier in Peru schön macht. Wenigstens haben wir die Familie meines Mannes bei uns, mit der wir Erinnerungen austauschen und von der wir spannende neue Geschichten hören.

gewaschene Barbies

Haus aufräumen: Hier werden Häuser nicht auf einmal zu Ende gebaut. Zum Beispiel im Haus meiner Schwiegereltern (in dem zur Zeit noch ein Sohn wohnt) ist das Erdgeschoss eigentlich fertig gebaut, da erste Obergschoss ist in zwei Wohnungen aufgeteilt, aber es fehlt die Decke/das Dach. Ein Teil ist mit Wellpappe abgedeckt, aber ein Teil stand jetzt im Sommer auch offen. Das Dach oder eine feste Decke werden erst eingezogen, wenn das dritte Geschoss mal in Angriff genommen werden soll, glaube ich. Aber durch die vielen offenen Stellen, ist der Staub und Sand (siehe Punkt 1) reingeflogen und hat alle Möbel und Sachen mit einer dicken Schicht bedeckt. Als wir mit einmal nicht mehr raus durften, haben wir zumindest eine Plane über die offenen Zimmer gespannt (der Herbst hat hier angefangen und dann kommt der Winter) und haben alles entstaubt und entrümpelt. Dabei sind zum Glück auch Spielsachen für unsere Kinder aufgetaucht.

Wasser sammeln: Es gibt ja viele Sachen, die zur Zeit an den Nerven zehren. Was mich persönlich aber echt fast zum Ausflippen bringt, ist, dass es hier in Vista Alegre zwischen ca. 14 bis 21 Uhr kein fließendes Wasser gibt. Wenn ich es richtig verstanden habe, liegt diesem Mißstand ein Konflikt zu Grunde. Und zwar will der Ortsteilbürgermeister einen Wassertank just auf dem einzigen Spielplatz („parque“ – es ist aber kein Park in unserem Sinne, denn die Fläche ist winzig klein und mit Kunstrasen (!) ausgelegt) errichten. Das wollen die Anwohner nicht und so werden sie mit Wasserrationierungen „erpresst“. (Für diese Version der Geschichte würde ich aber nicht meine Hände ins Feuer legen. Tatsächlich sind hier die Häuser in die Höhe geschossen und an den unmöglichsten Stellen wurde dazu gebaut, so dass sicherlich mehr Menschen als noch vor 7 Jahren (als wir das letzte Mal hier waren) hier leben. Außerdem hat sicherlich auch der Klimawandel einen Teil Mitschuld an fehlendem Wasser.)
Naja, zumindest bedeutet es für uns, dass wir vormittags in den Bädern und der Küche in großen Fässern Wasser sammeln, zuvor Restwasser zum Beispiel zum Putzen und Straße säubern schleppen, und möglichst den Mittagsabwasch und wichtige Toilettengänge noch vor 14 Uhr erledigen. Uns alle hat hier „Montezumas Rache“ ereilt und ohne weiter ins Detail zu gehen, kannst du dir vorstellen, dass mich die Wassersituation echt Nerven kostet. Zudem hören wir hier natürlich ständig, dass wir Hände waschen sollen. Das ist echt umständlich, wenn du nicht den Hahn aufdrehen kannst, sondern mit einem Gefäß Wasser schöpfst und erst die eine dann die andere Hand irgendwie gründlich waschen musst. Gleichzeitig wird mir einmal mehr klar, wie komfortabel ich in Leipzig wohne! Die Gemütsruhe der Peruaner ist hier zu bewundern. Sie kommen scheinbar mit jedem Ärgerniss klar ohne sich groß aufzuregen. Nur meine Schwiegermutter lässt manchmal durchblicken, dass sie hier etliches stört.

Leere Straßen während der Ausgangssperre ab 20 Uhr

Aus dem Fenster schauen: Wenn das Wasser auf sich warten lässt und das Gedudel im Fernsehen meine gute Laune langsam abnimmt, dann schaue ich aus dem Fenster. Wir haben hier einen richtig schönen Blick Richtung Pazifik, Miraflores aber auch Richtung „Mitte“. Dort erheben sich die Cerritos, die Andenausläufer. Nachts funkeln die Lichter, tagsüber kann ich ein Wechselspiel von Sonne und Wolken, Nebel und hellblauem Himmel beobachten. Das Gute an der Coronakrise ist, dass fast keine Verkehrsgeräusche mehr vordringen. Hier ist es Privatpersonen ja untersagt, mit dem eigenen PKW zu fahren. Außerdem ist die Luft so klar, dass wir auch ferner liegende Cerritos sehen. So habe ich Lima noch nie gesehen! Auf der anderen Seite schauen wir auf unsere Straße, grüßen die Nachbarn. Es ist so deutlich, dass die Menschen hier viel langsamer laufen. So langsam laufen noch nicht einmal verliebte Paare in Leipzig! Wenn ich mir vorstelle, wir meine Kolleginnen und ich in Leipzig zum Mittag eilen, muss ich mich amüsieren…

Leinsaat nach Steinchen durchsuchen

Ich habe übrigens auch aus Leinsaat Steinchen rausgesammelt, Plastiktüten gefaltet und geordnet, Besteck sortiert und tigere manchmal auch einfach nur durch das Haus!

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2 Comments

  • Reply In häuslicher Quarantäne in Peru wegen des Coronavirus – März 2020 – Blog Mio Tours 28. März 2020 at 17:38

    […] schöne Peru zu erkunden … falls wir uns wieder frei bewegen dürfen… Ich habe einen neuen Blogbeitrag zu meinen Beschäftigungen in der Quarantäne […]

  • Reply Corona-Quarantäne in Peru – und es kam ein Huhn geflattert! – Blog Mio Tours 3. April 2020 at 23:48

    […] Hier habe ich zu meiner „Beschäftigungstherapie“ während der Ausgangssperre in Peru berichtet und hier trage ich aktuelle Informationen zum Umgang mit der Coronapandemie in Peru […]

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