Unser Weihnachtsbuffet mit pavo falso, Kartoffel- und Waldorfsalat, Hühnerrollbraten und Panetone
Lateinamerika Reiseberichte

Weihnachten auf peruanisch: El pavo falso

El pavo falso - Der falsche Truthahn

El pavo falso – Der falsche Truthahn

Zum peruanischen Weihnachtsfest gehört der Pavo (Truthahn) traditionell dazu. So schnatterten alle Familienmitglieder in Peru dieses Jahr auch schon seit einigen Tagen über Größe (reichen 5 kg?), Zubereitung (am besten mit Früchten gefüllt) und Beilagen (ein deutscher Kartoffelsalat wäre klasse!) des gefiederten Freundes.
Diesen „gefiederten Freund“ (bzw. mindestens 50 Artgenossen) traf ich übrigens bereits zwei Tage vor Weihnachten auf unserem Weg zur deutschen Bäckerei (Panadería Ecológica Alemana, Av. Guardia Peruana 1069, La Campiña, Chorrillos, Lima): Nervös gackernd standen sie am Eingang zum „Mercado Santa Rosa“ im Stadtteil Chorrillos. Die blassen Truthähne wurden gerade vom LKW geladen, einzeln auf eine Waage gestellt und dann durch eine unauffällige Türe zum Schlachter gebracht.

Nacimiento und Weihnachtsbaum

Nacimiento und Weihnachtsbaum

Unser 5 kg-Exemplar traf jedoch erst am 24. Dezember frühs tiefgefroren zu Hause ein. Über die Gelassenheit meiner Schwägerin (taut der Truthahn denn so schnell auf???) wunderte ich mich. Aber in Peru wird erst 24 Uhr in der Nacht zum 25.12. beschert und gegessen. So vertrödelten wir den Tag noch mit Einkäufen im „Tupac Center“ (liebevolle Bezeichnung meines Schwagers des chaotischen Mercado Tupac) und im Metro Supermarkt. Meinen Kartoffelsalat hatte ich schon 13 Uhr zubereitet und wurde mehrmals verwundert gefragt, ob ich denn schon für unser Weihnachtsessen kochen würde… Aus Metro wurden wir schließlich 23 Uhr rausgeschmissen. Der Ladenschluss bezog sich jedoch nicht auf die vielen kleinen Einzelhändler / Tante-Emma-Läden, die bis 6 Uhr des Folgetages aufhatten bzw. bis in die Nacht des 25.12. gar nicht schlossen, und hielt auch die Limeños nicht vom Einkaufen ab.

Geschenke gibt es nur für die Kinder

Geschenke gibt es nur für die Kinder

Als wir 23:15 Uhr zu Hause waren, war unser mit Äpfeln gefüllter Truthahn bereits beim Bäcker um die Ecke. Viele Peruaner bringen ihren Truthahn in Bäckereien und andere Geschäfte mit großen Öfen. Loyda, meine Schwägerin und Truthahnverantwortliche des Weihnachtstages, hatte vom Bäcker um die Ecke die Zusage bekommen, dass der Pavo bis 24 Uhr fertig sein würde. Als sie jedoch zum Abholen ging, sollte unsere Nummer noch lange nicht an der Reihe sein. „Aber machen Sie sich keine Sorgen, in einer halben Stunde ist er fertig!“ Komisch nur, dass Nummern, die nach uns in der Reihenfolge waren, schon fleißig ihre Truthähne abholen konnten. Weil nun die Zeit doch etwas knapp wurde, musste mein Neffe Danny den Hauptakteur der Nacht um kurz vor 24 Uhr aus der Bäckerei abholen. Der abgedeckte Truthahn duftete verführerisch. Wir mussten uns aber noch etwas gedulden, denn um Mitternacht legte der Weihnachtsmann die Geschenke für die Kinder unter den Weihnachtsbaum, das Jesuskindlein wurde in die leere Wiege des Nacimiento (Krippenberg) gelegt, eine Rede wurde gehalten (mein Schwiegervater und seine 4 Kinder kamen zu Wort) und mit lieblichen Sekt angestoßen. Dann schritt Loyda beherzt in die Küche um unseren gefiederten Freund anzuschneiden. Die Überraschung war groß, als Sie die Abdeckung vom Blech nahm und mit einmal ein viel größerer Truthahn ohne Füllung vor ihr lag. Schnell war klar es handelt sich um einen „pavo falso“. Doch der Familienrat beschloss einstimmig, dass ein Umtausch nun wohl zu spät sei. Es war inzwischen 1 Uhr morgens und die Familie, die unseren pavito erhalten hatte, hatte sich scheinbar nicht beschwert, sondern ihn inzwischen verspeist. Also wetzte Loyda die Messer und schnitt den Truthahn in fene Scheiben. Gerade hatte sie diese zu unserem Buffet gestellt, da klopfte es an der Tür. Der Bäcker hatte eine erboste Kundin bei sich im Laden, die ihren pavo (7 kg!) reklamierte. Nach kurzer Diskussion leget Loyda die aufgeschnittenen Scheiben auf das Truthahngerippe und brachte ihn zurück zum Bäcker. Sollten wir unser Weihnachtsessen etwa ohne Truthahn erleben?

In der Bäckerei war jedoch eine heiße Debatte entbrannt. Wir sollten als Tausch gegen den Pavo falso (7 kg) nicht unseren geliebten Pavo (5 kg und sorgfältig gefüllt), sondern ein verschrumpeltes Hähnchen und 2 kg Pavo erhalten. Das war nämlich nach der gewissenhaften Umverteilung des Bäckers noch übrig geblieben. Loyda und ihr Ehemann Wilmer fanden das unakzeptabel – immerhin warteten zu Hause mind. 15 hungrige Kehlen!
Die eigentliche Eigentümerin des Pavos wollte ihren von uns angeschnittenen Braten nun auch nicht mehr zurück, sondern rechnete dem Bäcker bereits vor: „x Soles hat der Truthhahn gekostet, die Gewürzmischung war von Metro und deswegen mit x Soles besonders wertvoll, die Taxifahrt hatte x Soles gekostet und für die verlorene Zeit und den Ärger müsste der Bäcker ja noch x Soles locker machen!“ Der Truthahn erlebte eine Wertsteigerung von mindestens 100% und Loyda kehrte etwas verärgert, aber wenigstens nicht mit leeren Händen nach Hause zurück. Um 1:30 Uhr des 25.12. ließen wir uns endlich zum Weihnachtsessen mit vorzüglichem „pavo falso“ nieder.

So etwas kann nur in Peru passieren!!!

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1 Comment

  • Reply Blog Mio Tours - Reisebericht Peru Dezember 2013 27. März 2014 at 09:34

    […] Weihnachtsfeiertage haben wir dann wieder in Lima im Kreise der Familie verbracht. Anders als in Deutschland werden die […]

  • Schreibe einen Kommentar zu Blog Mio Tours - Reisebericht Peru Dezember 2013 Cancel Reply

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