Nach zwei Wochen Argentinien und dem Grenzübergang nach Chile, von dem Susie im ersten Teil des Reiseberichts zu ihrer Südamerika Rundreise berichtete, ist sie nun schon in Peru angekommen. Was sie in Chile und Bolivien (Highlights: die Salzwüste Salar de Uyuni und der höchstgelegene Regierungssitz der Welt, La Paz) erlebte, könnt ihr hier lesen:
Ihr Lieben,
Seit meiner letzten Email ist ueber ein Monat vergangen und es wird Zeit fuer eine neue. Wenn ich mich richtig erinnere, sass ich da im chilenischen Patagonien, es war bewoelkt und regnerisch. Nun, zumindest das Wetter ist jetzt das gleiche, was damit zusammenhaengt, dass im peruanischen Hochland gerade Regenzeit herrscht. Aber ich bin inzwischen 2 Laender weiter.
Von Patagonien aus ging es also mit diversen Minibussen und Schiffen sehr langsam Richtung Norden auf der sogenannten “Carretera Austral”. Hat aber nichts mit Australien zu tun, sondern heisst einfach “Strasse des Suedens”. Die besteht komplett aus Schotter, scheint aber den Mythos einer Route 66 zu besitzen. Zwischenhalt war auch in Chaiten, einem kleinen Dorf, was vor 2 Jahren durch den Ausbruch eines nahegelegenen Vulkans komplett mit Lava verschuettet wurde. Die Einwohner konnten zwar alle gerettet werden, koennen aber nicht zurueckkehren, weil die Wiederholungsgefahr zu gross ist. Der Ort besteht also nur noch aus einem Flughafen und einem Faehrhafen, von diesem ich dann auch ein Schiff nach Puerto Montt nahm. Im ganzen Patagonien hab ich kaum andere Touristen getroffen und auch auf dem Schiff war ich wohl der einzige blonde Mensch, so dass ich mich etwas angestarrt fuehlte. Diese Erfahrung war aber gut fuer mein Spanisch, wobei sich das chilenische Spanisch viel schwieriger als das argentinische fuer mich erwiesen hat: die Leute sprechen sehr schnell, verschlucken sowohl Mitte als auch Endung der Woerter und benutzen eine ganze Reihe Woerter, die es nur in Chile gibt. Ich beschloss also, spaeter in Santiago nochmal einen Sprachkurs einzuschieben.
Von Puerto Montt, einer okayen aber nicht besonders spektakulaeren Hafenstadt, nahm ich dann einen Bus auf die Insel Chiloé. Dieser regenverhangene, gruene Ort besitzt in Chile eine spezielle Mystik, es gibt viele Legenden und Aberglauben, der noch von den Ureinwohnern ueberliefert ist und eine ganze Reihe komplett (einschliesslich der Naegel) aus Holz konstruierter Dorfkirchen, die UNESCO-Weltkulturerbe sind. Ich bin sehr froh, dass ich noch davon gehoert habe, weil Chiloé in meiner Vorbereitung eigentlich keine Rolle gespielt hat.
Nach ein paar Tagen nahm ich dann einen direkten Bus nach Santiago, schrieb mich einen 2-woechigen Spanischkurs ein und zog dann auch in ein Zimmer in einer Wohnung, die zu der Schule gehoerte. Von nun an paukte ich also taeglich 4 Stunden Vergangenheitsformen, Zukunft und Imperativ, eigentlich in einer Gruppe, aber da mein Mitstudent David oefter mal aus gesundheitlichen Gruenden (Kater oder Cagna auf chil.) nicht teilnahm, auch allein. Das ist wahnsinnig anstrengend aber sehr effektiv. Mit Marcello, dem Lehrer, konnte man auch gut ueber andere Sachen reden, so erfuhr ich, dass der Durchschnittslohn in Chile EUR 300 betraegt und in einer Schulklasse 40 Kinder sitzen. In meiner Freizeit entdeckte ich die Museen Santiagos, genoss die Sonne und staunte ob der fast deutsch anmutenden Effektivitaet und Organisation im oeffentlichen Leben: neue, abgasreduzierte Busse, eine Metro, die oefter faehrt als in Berlin und ein elektronisches Abbuchungssystem fuer den Fahrpreis.
Auch einen Ausflug in die vielgepriesene Hafenstadt Valparaiso habe ich gemacht, kann die Begeisterung anderer aber nicht teilen. Ja, es gibt ein paar schoene Fotomotive von den Haeusern auf den Huegeln, aber im grossen und ganzen war die Atmosphaere sehr komisch (kalt, runtergekommen, dreckig, keine Leute unterwegs, alle Laeden geschlossen) und ich habe staendig damit gerechnet, dass jemand aus der Ecke geschossen kommt und mir die Tasche klaut. Die Boheme, die sich angeblich in Valparaiso niedergelassen hat, musste wohl gerade kellnern oder an der Kasse sitzen. Aber, und hier kommt der Titel der Email ins Spiel, habe ich meine Studien im Bereich Tanz weitergefuehrt und mich im chilenischen Nationaltanz “Cueca” geuebt. Bei diesem Tanz fuehrt die Frau (!) und man umkreist sich die ganze Zeit, waehrend man ein weisses Taschentuch schwingt. Eine kleine Demonstration findet Ihr hier:
http://www.youtube.com/watch?v=WxfX04AW7oM
Nach 2 Wochen hatte ich auch vom Lernen genug und begab mich in den Norden des Landes, in den kleinen Wuestenort San Pedro de Atacama. Hier schlugen mir die Hitze und der Sand entgegen und ich musste mir erstmal einen Sonnenhut und einen 5-Liter Wasserkanister kaufen. Nachdem ich mich einigermassen daran gewoehnt hatte, machte ich dann einen Ausflug ins Valle de la Luna, ein Tal mit riesigen Sandduenen und bizarren Steinformationen, die im Sonnenuntergang einfach wunderschoen aussahen. Dann buchte ich eine 3-taegige Jeeptour nach Bolivien, die zu einem der Hoehepunkte meiner Reise werden sollte.
Ich hatte vorher viel Negatives gelesen (betrunkene Fahrer, Unfaelle, Hoehenkrankheit) und wollte das eigentlich garnicht machen, aber Katrin ueberredete mich doch und die Firma, mit der ich schliesslich fuhr, wurde auch von mehreren Leuten empfohlen. Also trafen sich am folgenden Morgen 12 Unbekannte (8 Deutsche, 2 Franzosen, 1 Chilene, 1 Kolumbianer) und fuhren zuerst zur chilenischen Grenze, wo sie einen Ausreisestempel erhielten und dann ziemlich lange durch eine menschenleere Landschaft zum bolivianischen Grenzposten. Hier waren wir schon auf 4200m Hoehe. NOCH ging es allen gut. Es gab Fruehstueck, dann wurden die Rucksaecke verladen und die Leute verteilten sich auf 2 Jeeps. Ich landete bei Fahrer Richard, der zwar etwas wortkarg war und sich immer die holprigere Strecke zum Fahren aussuchte, ansonsten aber sehr angenehm und mich sicher nach Bolivien brachte.
Im folgenden bekamen wir wirklich faszinierende Landschaften zu Gesicht: Seen, die voller Mineralien sind, so dass keine Fische darin leben. Dafuer gibt es aber unzaehlige Flamingos, die den ganzen Tag im Wasser rumlaufen um Insekten an der Wasseroberflaeche zu fangen. Vulkane, Geysire, Stein-und Sandwuesten. Die erste Ubernachtung war in einem “Refugio”, einer einfachen Berghuette mit 6-Bett-Zimmern und nur Kaltwasser. Als wir dort ankamen, ging es mir schon nicht so gut, ziemlich heftige Kopfschmerzen und Uebelkeit kuendigten sich an. Das wurde dann nur noch schlimmer, so dass ich den Nachmittagsausflug nicht mehr mitmachte. Das Kauen von Coca-Blaettern und Trinken von Coca-Tee half nicht wirklich. Den Rest des Abends und der Nacht war ich dann im Bett. Nachts nahm ich dann noch eine Kopfschmerztablette und am naechsten Morgen war alles schon wieder vorbei. Dafuer hatte es dann Andere erwischt. Letztendlich haben es aber alle gut ueberstanden und konnten spaetestens am 3. Tag wieder alles mitmachen.
Die Tour ging leider viel zu schnell zu Ende und zwar in Uyuni, einer staubigen bolivianischen Kleinstadt. Von dort nahm ich mit Patricio, dem Chilenen, einen Nachtbus nach La Paz, der bolivianischen Hauptstadt. Den Preis fuer den “Luxusbus” haette ich mir echt sparen koennen, denn die Strasse war so schlecht, dass kein Schlaf moeglich war, und es war wahnsinnig kalt. Am Morgen gegen 7 tauchten die ersten Haeuser von El Alto draussen auf und bald eroeffnete sich vor unseren Augen der Canyon, an dessem Grund La Paz liegt. Es ist wirklich ein spektakulaerer Anblick: unten die Stadt und am oberen Rand des Canyons El Alto, urspruenglich ein Vorort, jetzt aber eine eigene Stadt mit etwa 1 Million Einwohnern, hauptseachlich Ureinwohner, die vom Land kommen. Wir suchten uns ein kleines Hotel in der Innenstadt, warfen das Gepaeck ab und tauchten ein in die Stadt.
La Paz ist Chaos: unzaehlige Busse, Kleinbusse, Taxis und Privatautos schieben sich durch enge Innenstadtgassen. Es gibt in ganz La Paz wohl nur ein Paar Ampeln, den Rest machen Polizisten. Busfahrer schreien staendig ihre Fahrtziele in der Gegend rum, so dass noch weitere Fahrgaeste einsteigen. Taxifahrer hupen um zu signalisieren, dass sie frei sind. Wirklich alles, von der Schuhsole bis zur Mango, wird auf der Strasse verkauft. Indianische Frauen schleppen riesige Buendel durch die Gegend. Fast taeglich finden politische Demonstrationen statt und die Strassen werden blockiert. Es ist extrem billig (ein Hotelzimmer mit eigenem Bad und Fruehstueck fuer EUR 12, ein 3-Gaenge-Essen fuer EUR 2) und der Tourismus sehr ausgepraegt und organisiert. Ich war vorher ein bisschen unsicher was mich erwartet, aber ich fand es toll und schoen und faszinierend und nicht gefaehrlich! Bolivien ist wirlich besonders in Suedamerika.
Am Nachmittag fuhren wir nach El Alto, um den Cholitas (indianische Frauen) beim Wrestling zuzusehen. Das ist eine beliebte Sonntagnachmittag-Beschaeftigung, zu der man auch gern die Kinder mitnimmt. Alle maennlichen Kaempfer tragen Masken und Kostueme und die Kaempfe sind entweder Mann gegen Mann, Mann gegen Frau oder mehrere Maenner gegen eine Frau (wobei am Ende, nach tapferem Kampf, natuerlich immer die Cholita als Siegerin hervorgeht). Das war ebenfalls ein Riesenspass, besonders wenn sich die Cholitas in ihren traditionellen Kostuemen auf die Bretter schmeissen lassen. Auf dem Rueckweg hatten wir noch einen wunderbaren Blick auf das erleuchtete La Paz zu unseren Fuessen.
Am naechsten Tag traf dann noch Giovany, der Kolumbianer von der Jeeptour, ein und wir beschlossen, zusammen an den Titicaca-See weiterzureisen, der an der Grenze zu Peru liegt. Der bolivianische Rumpelbus brachte uns nach 5 Stunden nach Copacabana, einer netten kleinen Stadt direkt am See. Der See ist riesig und liegt auf etwa 4500 m Hoehe. Das merkt man dann, wenn man den Rucksack den Berg hochtragen muss…Patricio musste wieder nach La Paz zurueck und Giovany und ich genossen den Sonnenuntergang am See und fuhren am naechsten Tag mit dem Boot auf die Isla del Sol, einer Inkalegende nach der Ursprungsort der Goetter. Dort gibt es ein paar kleine Orte mit ein bisschen Tourismus, aber es ist sehr urspruenglich und friedlich und die Schweine, Esel und Schafe laufen frei herum. Wir nahmen ein Zimmer mit einer “Bucket shower” (kaltes Wasser aus dem Hahn ueber den Kopf) und wanderten zu den Inkaruinen am Nordende der Insel. Dort war wirklich niemand und man konnte stundenlang die Stille geniessen. Der naechste Tag began dann mit heftigem Regen, der aber zum Glueck aufhoerte als wir das Boot nach Copacabana nahmen. Dann trennten sich unsere Wege wieder, ich nahm einen Bus nach Puno bzw. Cusco in Peru und Giovany kehrte nach La Paz zurueck. Mit mir nach Cusco reisten auch lebende Meerschweinchen, Enten und Huehner, in handliche Netze verpackt und ins Gepaeckabteil geschoben.
Das wars erstmal von mir. Bis zum naechsten Mal,
Susie
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