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Das umstrittene Projekt im Yasuní Nationalpark

Nichts wird gerade so heiß diskutiert, wie die Ölbohrungen im Yasuni Nationalpark im kleinen Andenstaat Ecuador. Eine Vertreterin eines ecuadorianischen Reiseveranstalters, die uns am Montag im Mio Tours Büro in Leipzig besucht hat, erzählte uns von den nun täglich stattfindenden Demonstrationen auf dem Plaza de la Independencia. Vor den Türen des Regierungspalasts demonstrieren Bürger trotz radikaler Unterdrückungsmaßnahmen (beispielsweise wird Studenten mit der Exmatrikulation gedroht, wenn sie demonstrieren) seitens der Regierung und der allgegenwärtig zweigeteilten Meinungen, ob die Ölbohrungen Segen oder Fluch für das Land sind.

Um welches Gebiet handelt es sich? Der Yasuni Nationalpark ist ein Biosphärenreservat (seit 1979 Nationalpark und seit 1989 Biosphärenreservat) im Osten Ecuadors und hat insgesamt eine Fläche von ca. 16.800 Quadratkilometern. Er gilt als einer der Orte auf der Welt, wo eine besonders hohe Dichte der Artenvielfalt (besonders auch endemische Arten) vorkommt, deshalb werden von der UNESCO Maßnahmen wirtschaftlicher Art eigentlich eingeschränkt oder verboten.
Nichtsdestotrotz ist Ecuador aber ein armes Land und auf die Ölförderung als Wirtschaftszweig angewiesen.
Gefördert wird schon lange, jetzt geht es aber um eine bestimmte Region. Bei Probebohrungen wurden 3 mögliche Ölquellen entdeckt: Ishpingo, Tambococha und Tiputini (ITT). Diese halten schätzungsweise 850 Millionen Barrel Öl zur Förderung bereit. Was die vermutlich ca. 400 Mio. Tonnen Kohlenstoffdioxid (dies entspricht ungefähr einer dreizehnjährigen Ölförderung) hingegen für das empfindliche und so vielfältige Ökosystem anrichten würden, ist nicht auszudenken.

Im Jahre 2007 rückte deshalb die ecuadorianische Regierung mit einem außergewöhnlichen Plan ins mediale Interesse der Welt. Sie schlug vor im internationalen Bereich eine solidarische Ausgleichszahlung (mindestens 50 Prozent von dem Betrag, was durch die Ölförderung verdient werden könnte) zu sammeln und im Gegenzug alle Ölvorkommen unter der Erde zu lassen. Insgesamt müssten also internationale Organisationen und Länder 3,6 Milliarden Dollar, Ecuador zur Verfügung stellen. Zum heutigen Zeitpunkt sind, laut Aussagen Correa’s, jedoch nur ca. 336 Millionen Dollar zugesagt und nur 13,3 Millionen Dollar auch wirklich eingezahlt wurden.
Auch das deutsche Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sagte der ecuadorianischen Regierung Geld zu, jedoch wurde unter dem neuen Entwicklungsminister Dirk Niebel ab 2009 einer Kehrtwende eingeleitet. Er erteilte eine offizielle Absage und ist strikter Gegner der Initiative, obwohl ein Großteil der Bundesregierung sich dafür ausspricht und die Gefahr sieht, dass Deutschland seine Rolle als weltweites Vorbild in der Entwicklungspolitik verliert. Viel lieber als Ecuadors nationalpolitische Projekte zu bezahlen, möchte Niebel in das UN-Programm zur Reduzierung von Emission, genannt Redd+ , einzahlen. Des weiteren zeigte sich Deutschland bereit im Rahmen einer bilateralen Zusammenarbeit Entwicklungshilfe zu leisten. Dabei soll durch gezielte Förderung, die Biodiversität gesichert, soziale Sicherungen von Indigenen gestärkt und Schutzmaßnahmen getätigt werden. Ecuador dafür zu bezahlen, was es nicht tut- das lehnte Niebel klar ab. Ob das auch der Grund war, warum andere Länder nicht in den Fond eingezahlt haben, ist nicht klar. Klar ist aber auf jeden Fall, dass in den 6 Jahren nicht genug Geld zu Stande kam.

Deshalb verkündete Rafael Correa am 16. August 2013 das Scheitern der Weltgemeinschaft und die künftige Ölförderung im Yasuni Nationalpark Gebiet. Er zeigt sich enttäuscht und sieht sich im Stich gelassen.
Ob er oder künftige Präsidenten die Ölförderung für immer auf Eis gelegt hätten, ist aber auch fraglich.
Zudem stellt sich nun noch die Frage, wie sinnvoll es ist, ein Land einfach nur auszubezahlen und das Hintertürchen für unhaltbare Forderungen, möglicherweise nun auch von anderen Ländern, zu öffnen.

Die internationale Kritik passt dem ecuadorianischen Staatsoberhaupt aber so gar nicht. Deshalb provozierte er wenige Tage nach seiner Verkündung mit der Aussage, dass ja alle Printmedien (er steht mit den kritischen, privaten Medien eh auf Kriegsfuß) abgeschafft werden könnten, um den Wald zu schonen.

Eins ist aber den Umweltschützern Ecuadors und der Welt klar, die Folgen der Ölförderung werden schwerwiegend sein und Biodiversität zerstören. Deshalb soll nun ein Referendum für den Stopp sorgen. Innerhalb von 15 Tagen nach Genehmigung durch die Verfassungsrichter müssen 596.446 Unterschriften gesammelt und beim nationalen Wahlrat CNE eingereicht werden. Bisherige Umfragen, die eine Unterstützung der ITT-Initiative von 80% in den Städten Quito und Guayaquil zeigten, machen Mut für den Willen der ecuadorianischen Bevölkerung, ihren Nationalpark zu schützen.
Im Gegenzug berät das Parlament über den Antrag der Regierung, die Förderung des Erdöls als nationales Interesse zu statuieren. Diese Entscheidung wird sicher auch in den nächsten Wochen bekannt gegeben.

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1 Comment

  • Reply Ulrike 12. September 2013 at 15:18

    Und wer die Möglichkeit nutzen möchte, den Yasuní Nationalpark in seinem derzeitigen Zustand kennen zu lernen, kehrt am besten für ein paar Tage in den Napo Wildlife Center ein: http://www.mio-tours.de/ecuador/ecuador-reisebausteine/regenwald-ecuador/napo-wildlife-center-im-yasuni-nationalpark.html

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