Auf dem Dokfilm-Festival in Leipzig wurde der Dokumentarfilm „The tiniest place“ (Original: „El lugar más pequeño„) von Tatiana Huezo mit der Goldenen Taube ausgezeichnet. Den Gewinnerfilm wollten wir uns nicht entgehen lassen und so besuchten wir eine der letzten Dokfilm-Vorstellungen gestern Abend in der Schaubühne Lindenfels. Wir waren ähnlich berührt wie bei dem Film „Herz des Himmels, Herz der Erde“, über den wir in unserem Mexiko Blog berichteten.
In „El lugar más pequeño“ kommen Überlebende des Bürgerkriegs in dem mittelamerikanischen Staat El Salvador in den Jahren 1980 bis 1992 zu Wort. Alle leben in dem kleinen Ort Cinquera, in dem auch die Oma der heute in Mexiko lebenden Regiesseurin Tatiana Huezo geboren wurde.
Die Geschichten der alten und jungen Leute sind alle gleichermaßen traurig: Eine ältere Frau berichtet, wie sie nach Ende des Bürgerkriegs nach Cinquera zurückkehrte und ihren Augen nicht traute. Das kleine Dorf war komplett zerstört, nur der Kirchturm stand noch. Ein alter Bauer erzählt, dass er bis jetzt Alpträume hat und mitten in der Nacht im Zimmer steht und mit der Machete um sich schlägt, weil er Soldaten kommen sieht. Ein jüngerer Mann erzählt, wie er und die Dorfgemeinschaft sich in einer Höhle in den Bergen vor der Armee versteckten. Er hätte das Trauma des Bürgerkiregs überwunden, meint er, nur die Alpträume würde bleiben… Eine junge Frau – damals ein kleines Mädchen – half den Familien als Botin und musste für Freunde und Angehörige die Leichen identifizieren. Eine andere Frau erzählt, wie ihre Tochter im Alter von 15 Jahren Guerillera wurde und nach kurzer Zeit tot zu ihr zurückgebracht wurde. Und wir erfahren, warum die Dorfbewohner den Represalien der Armee ausgesetzt waren: Sie wurden „subversivos“ (dt: „Umstürzler“) genannt, weil sie gegen ihre Armut und ihre Ausbeutung auf den Kaffeeplantagen aufbegehrten. Als sch vor allem junge Leute den Guerillas anschloßen, wurde die Armee in Cinquera stationiert.
Während wir den Protagonisten bei der Verrichtung ihrer täglichen Arbeiten zusehen oder herrliche Landschaftsaufnahmen von El Salvador sehen, lauschten wir ihren Erinnerungen und uns blieb ein großer Kloß im Hals stecken… Wir verließen den Kinosaal aber auch mit dem Eindruck, dass die Bewohner Cinqueras gelernt haben, mit den schrecklichen Erinnerungen zu leben, und sich aus eigener Kraft ein neues Leben aufgebaut haben.
Für die sensible Beschäftigung mit dem Bürgerkrieg in El Salvador, dafür dass den Dorfbewohnern eine Stimme verliehen wurde, hat „El lugar más pequeño“ auf alle Fälle die Goldene Taube verdient!
Hier der Trailer zum Film:
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